Der deutsche Innenminister Thomas De Maizière sagt, für ihn mache sich bürgerliche Zivilisation vor allem an drei Dingen fest:

  1. „Man zeigt sich das Gesicht.
  2. Man gibt sich beim Guten-Tag-Sagen die Hand.
  3. Und man nennt seinen Namen. „

Irgendwie fühle ich mich bestätigt.  Jedes Semester, sobald ich weiss, dass ich wieder einmal eine A 1.1 (Null Anfänger) unterrichten soll, stelle ich mich seelisch darauf ein. Das deutsche Begrüßungszeremoniell, der Handschlag, muss  in Echthandlung erlebt werden. Aufgepasst, weder in Simulation noch als  Rollenspiel darf es erfahren werden. Die erste Sprachhandlung muss eine Echtzeithandlung der bürgerlichen Zivilisation sein. Weshalb? Da sich in Sekundenschnelle grundlegende Wahrheiten der zukünftigen gemeinsamen Interaktion zwischen Kursteilnehmer und Lerhrer/in abspielen. Die alte Weisheit besagt: „Den ersten Eindruck kann man nicht wiederholen.“

Ja, und wie geht das methodisch vor sich? Bereits zu Hause muss ich mir genau überlegen, was ich anziehe. Meinen Unterrichtsraum bereite ich rechtzeitig vor dem angesagten Termin vor. Danach bleibt der Raum geschlossen. Ungefähr zwanzig Minuten vor Beginn des Unterrichts, normalerweise treffen um diese Zeit die Ersten im Institut ein,  öffne ich die Klassentür und postiere mich als Gastgeberin vor den Türrahmen. Die Tür bleibt soweit geöffnet, dass  niemand durchschlüpfen kann.

So, und dann kann es mit der Begrüßung losgehen. Einzeln reiche ich den Eintreffenden die Hand, wobei der Schwung aus dem Ellbogen, nicht aus der Schulter kommt, und ich halte Blickkontakt mit meinem Gegenüber. Ich stelle mich, je nach Tagezeit,  vor. “ Guten Tag, mein Name ist Eva Birger“. Erhalte ich als Antwort den vollständigen Namen, wiederhole ich ihn mit einem Gruß: „Frau Gurion: Herzlich Willkommen!“

Meinstens ist die spontane Reaktion, dass mir landesüblich nur der  Vorname gesagt wird. Darauf antworte ich mit einem : „Angenehm“

Ein professioneller Handschlag dauert etwa drei bis vier Sekunden. Wer sich begegnet, gibt und drückt sich kurz die Hand, Schweisshände eingeschlossen. Jetzt muss ich blitzschnell handeln. Die Hand unter einer Vierteldrehung meines Körpers mit Blickrichtung zum Klassenraum und einem wegweisendem Lächeln loslassen und heimlich am Kleidungsstück  abwischen, damit  die nächste Person eine trockene Hand erhält.

In der bürgerlichen Zivilisation ist der Händedruck mehr als eine bloße Begrüßung. Neben dem Blickkontakt, der Stimme und dem Duft ist der Händedruck eines der stärksten Sympathie-Signale. Mir ist bewusst, was alles diese kurze körperliche Begegnung über mich und mein Gegenüber aussagen kann.

Ich möchte als sympahtische Person herüberkommen, als Lehrerin erhalte ich wesentliche unwiederbringliche Informationen, die mein Gehirn sofort abspeichert. Das ist die Absicht bei der Handreichung.

Aufgefallen ist mir, dass sich religiöse Männer  zum ersten Unterricht grundsätzlich verspäten. Sie lassen es nicht zu einer Situation kommen, die für sie untragbar und für mich unangenehm werden könnte. So gesehen, ist Zuspätkommen ein Zeichen des Respekts.

Wie sich deutsche Schüler begrüßen:

Cooler Handschlag

Unser Handschlag

Nachschlagen:

Der Händedruck